Von widerspenstigen Salatblättern
- Jennifer Willert
- 27. Feb.
- 4 Min. Lesezeit

Liebe Leserin, lieber Leser
Ich oute mich heute und hier, als eine schusselige Person. Vielleicht ist das aber auch nur der natürliche Ausgleich zu meiner, sonst so geordneten und strukturierten Persönlichkeit oder anders ausgedrückt, dem Hang zur Perfektion.
Immer wieder passieren mir unvorhergesehene, nicht geplante Dinge - Ich verschütte etwas, lasse Gläser fallen oder bringe mich ansonsten in irgendwelche peinlichen Situationen. Heute möchte ich Euch von solch einer Tragödie beim Essengehen erzählen.
Heute Abend habe ich ein Date! Zufrieden mit der Person, die mir aus dem Spiegel entgegenblickt, verlasse ich kurz darauf unsere kleine Wohnung.
Die zwei Kilometer bis zum Restaurant laufe ich zu Fuß. Aufmerksam schaue ich mich nach Betreten des gemütlichen Lokals um und entdecke zwischen all den Gästen und Kellnern mein Date an einem Zweier-Tisch sitzen. Lächelnd und unauffällig winkend, steuere ich darauf zu.
Ein paar Küsschen links, Küsschen rechts und einem netten Kompliment später bestellen wir bei der freundlichen Bedienung unser Essen. Ich entscheide mich für eine Pizza und damit auch meiner Gesundheit Genüge getan wird, einem frischen Salat dazu.
Die Vorspeise kommt und ich widme mich mit großem Appetit dem,
mit viel frischen Kräutern zubereiteten, in einer Glasschüssel befindlichen, Grünzeug zu.
„Das Salatdressing ist ganz wunderbar!“, betone ich mehrmals beim Essen.
Kurz darauf verschwindet meine Begleitung auf der Toilette.
Nun gilt meine Aufmerksamkeit einem, etwas zu groß geratenem Salatblatt, welches dem Koch bei der Zerkleinerung in mundgerechte Portionen wohl entgangen sein muss. Mit dem Besteck falte ich es gleich dreimal zusammen, spieße es auf und schiebe mir die Gabel in den Mund. Vielmehr, ich versuche mir die Gabel in den Mund zu schieben. Denn just in dem Moment, als das Salatblatt meinen schon geöffneten Mund berührt, faltet es sich urplötzlich wieder auf, wie ein Fallschirm nach einem Sprung aus einem Flugzeug.
Nur das dieses Salatblatt mich nicht retten wird. Ganz im Gegenteil – Es bringt mich in eine außerordentlich ungünstige Situation.
Aber kommen wir zurück zum Salatblatt!
Es faltet sich zu seiner vollständigen und natürlichen Ursprungsgröße auf und ich steche mit meiner Gabel durch das dünne Blatt hindurch. Nun hängt das grüne Ungetüm mittig auf dem Gabelstiel, während sich der Rest der Gabel in meinem Mund befindet. Erschrocken halte ich für den Bruchteil einer Sekunde inne und realisiere, was da gerade passiert ist.
Ein leichtes Panikgefühl steigt in mir auf und mein Bewusstsein wird nur von einem Gedanken beherrscht: „Wie komme ich aus diesem, für mich doch sehr unglücklichen Umstand wieder heraus bevor meine Begleitung zurückkommt?“
Die nachfolgenden Geschehnisse ereignen sich innerhalb der nächsten Sekunden...
Von Panik ergriffen schaue ich in Richtung Toilette, aber das große hellgrüne Salatblatt versperrt mir fast die komplette Sicht.
Mit weit aufgerissenen Augen spähe ich über den Rand des Salatblattes und mein Blick fängt den eines Mannes am Nachbartisch ein. Dieser sitzt unserem Platz genau gegenüber, während seine Begleitung mir den Rücken zugekehrt hat. Er hält sein Besteck regungslos in der Hand während er mich wie gebannt anstarrt.
Ganz wie bei einem Horrorfilm besagt sein Blick: „Es ist fürchterlich und schrecklich, aber ich kann nicht wegschauen!“
Hektisch schweift mein Blick durch das Restaurant, aber ansonsten nimmt niemand Notiz von mir und meinem großen Unglück. Der Mann starrt immer noch zu mir hinüber, den Mund vor Erstaunen weit geöffnet.
Mir bricht der kalte Schweiß aus und panisch versuche ich die Gabel wieder aus dem Salatblatt herauszuziehen. Aber das gelingt mir genauso wenig, wie mir das Salatblatt von meinem Gesicht zu lösen.
Immer noch versuche ich mir den Anschein zu geben, dass alles nur ein kleines Missgeschick ist - Nicht der Rede wert!
Das Salatblatt mit der freien Hand wegziehen kommt für mich nicht in Frage. Dadurch würde ich mir und dem Mann gegenüber ja praktisch eingestehen, dass ich die Lage nicht mehr im Griff habe.
Totaler Kontrollverlust! Oder anders ausgedrückt, völlig unfähig mit Messer und Gabel umzugehen und nicht fähig einen Salat zu essen.
Noch einmal schaue ich zu dem Mann am Tisch gegenüber. Ganz gefangen von der peinlichen Situation vor sich hat er mittlerweile das Essen und die Unterhaltung mit seiner Frau komplett eingestellt. Seine GegenüberIN wird langsam unruhig, dass kann ich von meinem Platz aus gut beobachten. Nicht mehr lange und sie wird sich ebenfalls zu mir umdrehen. Dann habe ich schon zwei Zeugen meiner unwürdigen Misere!
Mein Herz klopft wie wild in meiner Brust und Verzweiflung macht sich in mir breit.
In diesem Moment höre ich ein schepperndes Geräusch von der gegenüberliegenden Seite des Raumes. Unsere Bedienung von vorhin hat ein Tablett mit Gläsern fallen lassen. ALLE, wirklich alle im Raum drehen die Köpfe in Richtung des Lärms.
Das ist meine Chance! Mit einer schnellen Bewegung ziehe ich mir mit der freien Hand das Salatblatt vom Gesicht und werfe es dorthin zurück, wo es hergekommen ist. Erleichtert wische ich mir mit einer Serviette Essig und Öl von der Haut.
Keine Sekunde zu früh, denn schon kommt mein Date von der Toilette zurück.
„Was ist denn hier los?“
„Eine Bedienung hat ein paar Gläser fallen lassen!“, erkläre ich und schiebe unauffällig meine Salatschüssel zur Seite.
Mein Nachbar hat sich zwischenzeitlich wieder umgedreht und unsere Blicke begegnen sich erneut. Ich sehe fast so etwas wie Enttäuschung in seinen Augen aufblitzen, als er feststellt, dass ich mich zwischenzeitlich aus meiner misslichen Lage befreien konnte. Er greift zum Besteck und sein Messer landet klirrend auf dem Fliesenboden unter dem Tisch.
Nun kann ich mir ein Grinsen nicht verkneifen.
Als wir bezahlen, gebe ich unserer Bedienung ein Extra-Trinkgeld. :)
Ist Euch auch schon mal so etwas passiert? Schreibt mir gerne in den Kommentaren...





Ist bestimmt schon vielen passiert. Total nett geschrieben.
….ich würde den Koch verklagen 😂😂👍👍👍