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Die Schattenwandlerin

  • Autorenbild: Jennifer Willert
    Jennifer Willert
  • 17. Juli
  • 3 Min. Lesezeit
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Eine Kurzgeschichte in mehreren Teilen

von Jennifer Willert


Teil 4


… Kornblumen im Sommer, ein kleiner Laden an einer Straßenecke, eine leuchtende Markise und eine bunte Vielfalt an Blumentöpfen davor. Ich lag in der Badewanne, der dicke Babybauch als Halbkugel aus dem Wasser herausragend...

Ich lächelte den Mann an, meinen Ehemann... Glückseligkeit. Ein blonder Haarschopf, halb unter der Bettdecke verborgen. Ein Herz, welches vor lauter Liebe überquoll... mein Herz. Dann ein heller Blitz. Ich sah mich selbst vor dem kleinen Bett stehend, es war unberührt...leer. Die Bettdecke lag unordentlich am Fußende, wie als hätte dort vor Kurzem noch jemand gelegen. Doch an diesem Ort schlief schon lange Zeit niemand mehr. Tiefe Traurigkeit lähmte mich, machte mich unbeweglich, die Zeit stand still.


Ich hörte irgendjemand leise wimmern und öffnete irritiert meine Augen.

Da merkte ich das ich weinte. Das Wimmern kam von mir selbst.

Mein Brustkorb fühlte sich eng an und mein Herz wund.

Als hätte jemand den START- Knopf gedrückt, lief nun ein Film in meinem Kopf ab. Ich sah in enormer Geschwindigkeit meine Vergangenheit an mir vorüberziehen. Eine regelrechte Bilderflut prasselte auf mich ein und ließ mich schwindelig werden.


Grelle Blitze zuckten durch meinen Kopf. Ein Unfall, es war dunkel, die Straße glänzend schwarz im Licht der Scheinwerfer eines Autos. Mein ganzer Körper schmerzte, als ich in einem Bett im Krankenhaus erwachte.

„Sie sind die einzige Überlebende! Es tut mir leid!“, hallte die Stimme des jungen Arztes in meinem Kopf wieder. Es dauerte lange bis seine Worte mich wirklich erreichten. Dann kam der Schmerz, er traf mich mit voller Wucht, warf mich zu Boden.


„Ich kann das nicht aushalten!“, schrie ich und riss meine Augen auf.

Das Echo meiner Worte hallte von den Wänden der Höhle zu mir zurück.

Ich lag auf der Seite und krümmte mich wie ein Wurm zusammen. Mein ganzer Körper stand unter Spannung und ich drohte zu ersticken. Aber unbarmherzig liefen, wie bei einer Diashow die Bilder vor meinem geistigen Auge weiter.


Aus dem unerträglichen Schmerz wurde langsam Dunkelheit, Gleichgültigkeit und dann Stillstand.

Aber die Welt draußen drehte sich weiter, es wurde Tag, es wurde Nacht, ich lebte, denn mein Herz schlug weiter, ich aß ohne Hunger, ich trank ohne Durstgefühl, mein Lachen war künstlich, ich bewegte mich obwohl ich innerlich schon tot war.

An einem grauen Novembermorgen stand ich auf dem Dach eines dreistöckigen Gebäudes, Wind war aufgekommen und blies mir lose Haarsträhnen, die sich aus meinem Zopf gelöst hatten ins Gesicht. Es war eisig und der Geruch von aufkommenden Schnee lag in der Luft, aber ich fühlte die Kälte nicht. Ich stand, nur mit einem dünnen und kurzen Nachthemd bekleidet, auf der Dachterrasse des Hauses und sah mit leerem Blick nach unten auf die Straße.

Ich sprang...

Weitere Blitze dann ein besorgtes Gesicht, welches sich über mich beugte. Der Mann sprach mit mir, versuchte mir etwas mitzuteilen. Die Worte drangen an mein Ohr, aber ich konnte die Bedeutung nicht erfassen. Ein harter Steinboden, der ganze Körper schmerzte... danach endlich Dunkelheit, die mich einhüllte.


Ich öffnete meine Augen. Ganz still lag ich da und ließ die vergangenen Bilder auf mich wirken. Eine Palette an Gefühlen durchlief mich wie die vorangegangene Erinnerungsflut, die ich eben erlebt hatte.

Es dauerte eine Weile bis die Bilder einen Sinn ergaben und ich begriff.

Mühevoll richtete ich mich auf, meine Beine und Arme fühlten sich kalt und steif an. Unter Anstrengung kroch ich zur Felswand und lehnte meinen Oberkörper erleichtert dagegen.

Ich hatte bei einem Unfall meinen Ehemann und meinen kleinen Sohn verloren. Meine ganze Familie war auf einen Schlag ausgelöscht. Danach hatte auch ich mich versucht umzubringen.

Aber wo war ich jetzt?

Benommen rieb ich mir mit beiden Händen über das Gesicht. Als ich die Hände sinken ließ merkte ich, dass es plötzlich heller wurde. Verwirrt drehte ich mich nach allen Seiten um. Als mein Blick zur Decke der Höhle fiel, sah ich mit großer Verwunderung, dass sich der Spalt in der Decke vergrößert hatte. Helles Licht fiel, in immer breiter werdenden Strahlen auf den Boden der Höhle. Als es mich berührte wurde mir warm und eine wohltuende Leichtigkeit umfing mich.

Ich sehnte mich so sehr nach Frieden und danach, dass die schmerzende Wunde in meinem Herz endlich heilen durfte.

Abgelenkt von dieser neuen und so wohltuenden Empfindungen spürte ich das Streicheln an meinem Unterarm nicht gleich.

Als ich es wahrnahm hörte ich ein Flüstern. Ich verstand die Worte nicht, aber die sanfte Stimme zog mich magisch zu sich. Plötzlich wurde mir bewusst, dass ich mich entscheiden musste.


 


 
 
 

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3 Kommentare


Gast
31. Juli

Immer noch spannend, ich komm nicht drauf was da passiert.

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Gast
17. Juli

….welch eine sich aufschaukelnde Spannung…und das Ende ist immer noch nicht absehbar …Top 👍👍

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Jennifer
17. Juli
Antwort an

Schön, dass es Dir gefällt...

Nächste Woche gibt es die Auflösung...🤗

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